Was bedeuten die Botschaften des IPCC für uns vor Ort?

Die "Warming Stripes" zeigen, dass die weltweite Temperatur bereits um 1,2 Grad Celsius angestiegen ist.

Der Weltklimarat IPCC hat am 20. März 2023 den sogenannten Synthesebericht zu seinem 6. Sachstandsbericht veröffentlich. Darin sind die Kernbotschaften der drei großen Arbeitsgruppenberichte der letzten Jahre und der Sonderberichte zu 1,5 °C globaler Erwärmung, Ozean und Kryosphäre sowie Klimawandel und Landsystemen zusammengefasst.

Von diesem Synthesebericht gibt es zwei Fassungen: eine 35 Seiten lange “Summary for Policymakers” und einen 85 Seiten langen “Longer Report”. Noch knapper sind die wichtigsten Botschaften in einem Dokument namens “Hauptaussagen” dargestellt, das auch auf Deutsch vorliegt. Doch selbst das sind noch 6 Seiten, und zugleich sind die Informationen darin so verdichtet, dass man sich große Mühe geben muss, um zu verstehen, was die Autorinnen und Autoren meinen.

Daher stellen wir hier einige besonders wichtige Punkte leichter verständlich dar – und fragen im Anschluss, was das für uns alle in der Region Köln-Bonn bedeutet.

Der Weltklimarat stellt fest:

  • Die weltweite Temperatur lag im letzten Jahrzehnt bereits gut 1,1 °C über der vorindustriellen Zeit. Diese Erwärmung ist menschengemacht und wird verursacht durch Treibhausgase wie CO2.
  • Jede weitere Erwärmung verstärkt die Gefahr, dass wir unsere Lebensgrundlagen einbüßen. Jedes Zehntelgrad zählt.
  • Die Risiken verstärken sich gegenseitig. Diese Dominoeffekte machen es schwerer, Krisen in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel führen Dürren zu Konflikten und Flucht. Statt mit voller Kraft den Klimawandel zu bremsen, müssen sich Staaten mit Kriegen und Migration befassen.
  • Manche Veränderungen lassen sich nicht mehr stoppen, sobald sie in Fahrt gekommen sind. Das gilt etwa für das Abschmelzen der Polkappen und Gletscher oder für das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten.
  • Die meisten Länder der Erde sind bisher nicht auf dem Weg, ihre Selbstverpflichtung zur Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes bis 2030 einzuhalten.
  • Selbst wenn die Länder ihre Versprechen einhalten, reicht das nicht aus, um die Erhöhung der weltweiten Temperatur auf 1,5 °C zu beschränken. Wahrscheinlich erreichen wir diesen Wert schon bis 2030 oder 2040.
  • Anpassungen an den Klimawandel, die heute noch funktionieren, werden bei stärkerer Erwärmung unwirksam. Ein Beispiel sind neue Deiche vor Gebieten, die später doch überschwemmt werden. Solche Fehlanpassungen können nur durch flexible, langfristige Planung unter Einbeziehung Betroffener verhindert werden.
  • Um die Erwärmung auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, müssen die Treibhausgas-Emissionen netto auf Null sinken. Netto heißt: Wenn bestimmte Industrien weiter etwas Öl oder Gas verarbeiten, muss mindestens ebenso viel Treibhausgas wieder aus der Atmosphäre eingefangen werden.
  • Das Einfangen von Treibhausgasen ist kein Ersatz für den Ausstieg aus der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle. Dazu sind die Emissionen viel zu hoch.
  • Der Klimawandel und die Gegen- und Anpassungsmaßnahmen werden umso teurer, je länger wir warten – wie ein Feuer, das von einem Haus auf die ganze Stadt überspringt, wenn die Feuerwehr zu spät löscht.
  • Noch ist es aber nicht zu spät: Wir kennen die Lösungen. Wir haben die technischen Mittel. Es gibt genug Kapital – nur fließt bisher zu wenig davon in zukunftsfähige Projekte.

Was heißt das für Köln, Bonn und das Umland?

In dieser Abbildung fasst der IPCC zusammen, welche Auswirkungen des Klimawandels man bereits beobachtet. Die Farbe Rot überwiegt; es gibt deutlich mehr Verluste und Schäden als positive Effekte:

Abbildung 1 a des SyntheseberichtsUm nur einige der Symbole herauszugreifen: Städte und Dörfer werden häufiger von Hochwasser beschädigt als früher. Man denke nur an das Ahrtal. Von Sturmfluten sind wir wegen der Entfernung zur Nordsee nicht direkt betroffen, aber wenn etwa Rotterdam oder Hamburg Schaden nehmen, wirkt sich das auch bei uns auf die Rheinschifffahrt und den sonstigen Warenverkehr aus. Extremwetterereignisse vernichten Infrastruktur wie Brücken und Straßen; wieder kommen Ahrtal und Eifel in den Sinn: Bestimmte Bahnstrecken sind immer noch gesperrt – was auch gravierende wirtschaftliche Folgen hat. Und wer sich im Bergischen Land oder im Vorgebirge umsieht, erkennt: Auch die uns vetrauten Formen der Forst- und Landwirtschaft werden von Dürren und anderen Phänomenen der Klimakrise infrage gestellt.

Die Corona-Pandemie hat Köln und Bonn ebenso getroffen wie den Rest der Welt. Der Klimawandel begünstigt auf vielen Wegen solche Infektionskrankheiten. Waldbrände bedrohen uns im Rheinland bisher nicht so, wie wir das aus Kalifornien oder Australien kennen, aber die Hitzewellen der letzten Jahre haben auch bei uns zu zahlreichen Todesfällen beigetragen. Studien zeigen, dass die psychische Gesundheit unter dem Klimawandel leidet: Hitze macht aggressiver; die Klimakrise löst Ängste aus; der Verlust von Angehörigen, Freunden oder dem Zuhause durch Extremwetterereignisse traumatisiert. Die Klimakrise zwingt viele Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat, und ein Teil von ihnen findet schließlich Zuflucht in Köln, Bonn und Umgebung.

Verantwortung zeigen, jetzt handeln – für eine lebenswerte Zukunft

Der Weltklimarat schreibt: „Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich.“

Mit anderen Worten: Wir sind tatsächlich die letzte Generation, die das Schlimmste für die Menschheit und die Umwelt verhindern kann.

Wir wissen genug – und handeln nicht danach. Dabei leben wir in einem der reichsten Länder und beanspruchen einen großen Teil der Ressourcen der Erde. Wenn wir es nicht schaffen, unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu überwinden, wer dann? Welche Zukunft hat eine Spezies, die ihre eigenen Lebensgrundlagen zerstört?

Helfen Sie mit, die Klimakrise einzudämmen. Was können Sie tun?

Die Gruppierung “Letzte Generation vor den Kipppunkten” erhebt zwei einfache Forderungen, über die zu diskutieren sich lohnt:

  • die Einführung eines Tempolimits und
  • die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets.

Es gibt auch Maßnahmen, für die wir nicht auf die Politik zu warten brauchen.

  • Laut IPCC kann eine klimafreundliche, sprich: überwiegend pflanzliche Ernährung einen großen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen leisten.
  • Der Verzicht auf Kurzstreckenflüge und die Reduzierung von Langstreckenflügen auf das absolut notwendige Minimum verkleinert den eigenen CO2-Fußabdruck .
  • Wer das Auto stehen lässt und mit dem Rad fährt oder zu Fuß geht, vermeidet nicht nur Treibhausgas-Emissionen, sondern verbessert die Luftqualität und lebt gesünder. Solche “Kollateralnutzen” betont der IPCC in seinem Bericht immer wieder: Was fürs Klima gut ist, ist oft auch gut für unser Wohlergehen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt oder die Artenvielfalt.

Auch Städte können Maßnahmen ergreifen, die zwischen der individuellen und der bundes- oder gar weltpolitischen Ebene angesiedelt sind. Zum Beispiel können sie

  • Schottergärten verbieten,
  • Straßenzüge durch Bäume und Wasser vor Überhitzung schützen oder
  • Rahmenbedingungen schaffen, die den Erhalt von Gebäuden attraktiver machen als emissionsintensive Neubauten.

Diese wenigen Beispiele sollen lediglich als Gesprächsgrundlage dienen. Schreiben Sie uns gerne in die Kommentare: Was wollen Sie persönlich dazu beitragen, dass es nicht zum Schlimmsten kommt? Was tun Sie bereits? Was erwarten Sie von der Politik? Und was kann die Wissenschaft tun, um den Wandel zu einer nachhaltigen Welt zu unterstützen?

 

Zum Weiterlesen: Website des AR6 Synthesis Report (auf Englisch)

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Konsum verzichtbarer Produkte meiden, Vorgärten insektenfreundlich begrünen, Wildtiere tränken, Vögel füttern, öffentliche Träger müssen dringend den Einsatz von Laubbläsern und Motorsensen einstellen, die öffentlichen Grünflächen werden viel zu häufig (oft monatlich und unabhängig von Hitze und Dürre viel zu niedrig gemäht), (Kommunen, Eigenbetriebe, Universitäten, Länder geben ein schlimmes Vorbild), Müll nicht verteilen und einsammeln, der Müll wird nur auf Wegen und Fahrbahnen beseitigt, auf den Grünflächen klein geschreddert
    Wirksamer Klimaschutz heißt Umweltzerstörung stoppen!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.