So war die (1.?) Nacht der Kultur der Zukunft

Collage aus 3 Fotos großformatiger Gemälde

Die “Nacht der Kultur der Zukunft” in der Kunst-Station St. Peter ist vorbei. Die Kombination aus Austellung, Vortragsprogramm und Diskussion, nicht zufällig während der COP28 in Dubai veranstaltet, wurde gut angenommen: Trotz der winterlichen Frische und der schwierigen Akustik im Kirchenbau hielten viele Besucherinnen und Besucher lange durch.

Die großformatigen Gemälde von Hermann Josef Hack schirmten die Seitenschiffe optisch vom Hauptschiff ab und erinnerten aus der Ferne an mittelalterliche Wandbehänge, ohne jedoch gegen die kalte Luft oder die Klangverhältnisse anzukommen. So behielt das Publikum die Jacken und Mützen an und verlangte wiederholt nach lauteren Stimmen. Bei Verständnisproblemen half man sich gegenseitig: “Ich bin von den Foresters for Future.” – “Von den was?” – “Den FÖRSTERN.” – “Den was?” – “DEN LEUTEN IM WALD!”

Kirchenschiff mit großen Gemälden in den Bögen, einem runden Spiegel in der Mitte und Publikum auf Stuhlreihen

Auch andere Gruppen der Kölner Klimabewegung wie die Grannies for Future oder die Parents for Future waren im Publikum vertreten, wohl nicht zuletzt aufgrund der vorab verbreiteten Pressemitteilung und der Übernahme unserer Ankündigung auf die Website von Kölle for Future, auf der inzwischen auch ein Rückblick erschienen ist.

Über die großen Gemälde von Hermann Josef Hack gingen die Meinungen durchaus auseinander (wie sich das für Kunst gehört): Auf manche Diskussionsteilnehmer wirkten sie mit ihren Alarmfarben und kräftigen, an Demo-Plakate erinnernden Pinselstrichen eher beängstigend als hoffnungsfroh. Doch Symbole der Hoffnung waren durchaus auszumachen, ja zentral. So findet sich auf mehreren Gemälden – siehe Foto-Collage ganz oben – die knieende Kulturfrau mit dem Eichenschössling, den die Älteren unter uns von der 50-Pfennig-Münze kennen. Nur dass die kopftuchtragende Trümmerfrau von damals sich wortwörtlich zu einem Hive Mind gewandelt hat: Anstelle des Kopfes sehen wir einen Bienenkorb. Zukunft ist eben Gemeinschaftsaufgabe.

Drei Panoramafotos mit Klimaforschenden in ihrer jeweiligen Umwelt

In einem Seitenschiff stellte der Fotograf Andreas Pohlmann 714 einige seiner Porträts von Klimaforscherinnen und -forschern aus. Für Porträtfotos haben sie ein ungewöhlich breites Querformat. So sind die Forschenden in ihrem jeweiligen “Ökosystem” zu sehen, im Umfeld ihres Wirkens.

In ihren Einführungen erinnerten die beiden Künstler an die Idee der sozialen Plastik von Joseph Beuys: In seiner Tradition möchten sie mit ihren Aktionen und Ausstellungen gesellschaftliche Diskussionen in Gang setzen und befruchten, damit wir uns die Zukunft nicht oktroyieren lassen, sondern sie gemeinsam selbst gestalten. Gefragt sei dabei eine “Kultur des Überlebens” – im Gegensatz zu der Kultur der Opulenz, wie sie etwa aus den aktuellen Bildern aus Dubai spricht.

Leinwand mit einem Foto von der COP28 in Dubai, davor eine Frau mit roter Mütze und ein Mann, der ein Heft hochhält

Die Scientists for Future Köln-Bonn führten in drei Kurzvorträgen in die Problematik des Anthropozäns (Henk van Liempt), die Physik des Klimas und des Klimawandels (Tomas Forkert) sowie die Klimaerklärung Köln (Stephan Mertens) ein, in der sich Kölner Unternehmen und Organisationen zu Maßnahmen verpflichten, die das Ziel „Klimaneutrales Köln” bis zum Jahr 2035 unterstützen.

Projektionsleinwand mit ansteigenden Diagrammen, davor ein Redner

In der Diskussion wurden beispielsweise das Teilen von Raum (etwa Ateliers) oder der Verzicht auf Konsum als wichtige Bestandteile einer Kultur des Überlebens genannt. Zugleich waren sich die meisten einig, dass die gewaltigen Herausforderungen durch den Klimawandel durch Bemühungen um die Reduktion der individuellen Klimagas-Emissionen nicht zu lösen sind, sondern der gesellschaftliche Druck auf die Verursacher der Emissionen und die Politik wachsen muss.

Die fortgeschrittene Zeit und die Kälte setzten dem Gespräch vorerst ein Ende – nicht aber der sich andeutenden sozialen Plastik. Wie geht es also weiter? Zum einen haben alle Teilnehmenden ein Exemplar des “Malbuchs Zukunft” von Hack und Pohlmann mit nach Hause genommen, in dem sie ihre Zukunftsideen, ihre Beiträge zur Kultur des Überlebens in Skizzen und Worten festhalten können. Wer mag, kann seine Beiträge auf Instagram unter dem Hashtag #malbuchzukunft2023 mit anderen teilen.

Darüber hinaus denken die Scientists for Future Köln-Bonn über eine Fortsetzung im kommenden Jahr nach. Eine Möglichkeit, das gemeinsame Nachdenken über die Zukunft noch kreativer, dialogischer und konkreter zu gestalten, könnten die Zukunftsbilder bieten.

Screenshot einer Startseite, auf der die Nutzenden zwischen verschiedenen Zukunftsszenarien wählen können, die wie Spielkarten aussehen

Auf dieser noch im Aufbau befindlichen Website der Scientists for Future und der Creatives for Future werden vier mögliche Zukünfte skizziert, jeweils in sehr kurzen, aber wissenschaftlich fundierten Texten und in korrespondierenden Illustrationen. Für zahlreiche Alltagsbereiche, menschliche Systeme und planetare Systeme wird angedeutet, wie unsere Zukunft im Jahr 2040 aussehen kann, wenn wir entweder so weiter machen wie bisher (“langsam”), wenn wir uns mit Elan auf die Transformation derjenigen Bereiche stürzen, in denen die stärksten Verbesserungen möglich sind (“fokussiert”), wenn die Bürgerinnen und Bürger handeln, ohne auf Politik und Wirtschaft zu warten (“Graswurzel”) – oder wenn der Staat unter dem Druck der Bürgerinnen und Bürger neue Rahmenbedingungen schafft (“groß”).

Hier etwa die vier Szenarien im Bereich der Mobilität:

Collage aus vier kurzen Texten und zugehörigen farbigen Illustrationen von der genannten Website

Wie eine nächste “Nacht der Kultur der Zukunft” aussehen kann oder in welcher anderen Form der Austausch fortgesetzt wird, ist aber noch völlig offen. Wir freuen uns daher über Kommentare und Ideen!

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Vielen Dank für diese gute Zusammenfassung und die Vorschläge für eine Weitermachen. Wir überlegen schon, demnächst mit den Beteiligten gemeinsam, wie wir die Erfahrungen von Sankt Peter nutzen und darauf aufbauen können. Was fehlt, ist eine Räumlichkeit im kulturellen Kontext. Wir hatten im Frühjahr das Museum Ludwig in Köln angesprochen und dem Direktor unsere Veranstaltung vorgeschlagen. Er lehnte ab, um dann im November, kurz vor unserer Aktion in Sankt Peter, unsere Idee zu kopieren, allerdings nicht mit Künstler*innen, sondern mit Museumsdirektoren. Nicht das erste Mal, das unsere Ideen geklaut wurden.

    Für den Bonner Raum wären das Kunstmuseum Bonn bzw. die Bundeskunsthalle interessant, allerdings erhielten wir von der Bundeskunsthalle bereits eine Absage. Aber wir bleiben dran. Gerne nehmen wir Vorschläge entgegen…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.