Im Dezember 2023 hat die Verwaltung dem Rat der Stadt Köln und der Öffentlichkeit den Aktionsplan Klimaschutz (im Folgenden: AKK) vorgelegt. Was hat es mit diesem Dokument auf sich, was steht drin – und was nicht? Was hat die Stadtverwaltung, was hat die Stadt Köln sich für die entscheidenden Jahre bis 2035 vorgenommen? Wie realistisch sind die Pläne, und werden sie reichen für die dringend notwendige Transformation zur klimaneutralen Großstadt? Was geschieht jetzt, und was muss darüber hinaus passieren?
Diesen Fragen widmen wir uns in den kommenden Monaten in einer Artikelserie. Denn Mitglieder der Scientists-for-Future-Regionalgruppe Köln/Bonn haben damit begonnen, den Aktionsplan Stück für Stück gründlich zu lesen. Hier stellen wir einige Knackpunkte und Aha-Erlebnisse aus der Lektüre vor. Doch bevor wir in den Text einsteigen, skizzieren wir die Vorgeschichte und den Aufbau, um Interessierten die Orientierung zu erleichtern.
Wie kam es zum AKK?
Bereits seit 1992, also seit über drei Jahrzehnten, ist Köln Mitglied im Klima-Bündnis europäischer Kommunen, die eine Selbstverpflichtung zum Schutz des Weltklimas abgegeben haben. Im Jahr 2009 legte die Stadt eine erste Energie-und CO2-Bilanz vor; 2011 beschloss der Rat die Einrichtung einer Koordinationsstelle Klimaschutz und ein Sofortmaßnahmenpaket.
Kurz nach der Verabschiedung des Maßnahmenprogramms “Köln KlimaAktiv 2022” im Februar 2019 folgte im Juli die viel beachtete Ausrufung des Klimanotstands durch den Rat der Stadt. Im Jahr 2020 wurde der Klimarat gegründet, der einen Fahrplan zur Klimaneutralität entwickeln sollte. Er hat sechs Projektgruppen: Energie, Gebäude, Industrie, Mobilität/Logistik, Ernährung/Konsum und Kommunikation/Partizipation. (Zum Klimarat, an dem auch Personen aus unserer Regionalgruppe beteiligt sind, wird es in dieser Artikelserie einen eigenen Beitrag geben.) Ebenfalls 2020 sammelte die Initiative “Klimawende Köln” 30.000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren zur Umstellung der RheinEnergie und ihrer Tochterunternehmen auf Strom aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030.
Im Juni 2021 beschloss der Rat der Stadt, dass Köln bis 2035 klimaneutral werden soll, und gab ein Fachgutachten in Auftrag, das die Machbarkeit prüfen und den Weg zum Ziel skizzieren sollte. Neu geschaffen wurde 2021 das Dezernat VIII (Klima, Umwelt, Grün und Liegenschaften), in dem nun auch die zehn Jahre zuvor eingerichtete Koordinationsstelle Klimaschutz angesiedelt ist. Sie hat mittlerweile etwa ein Dutzend Mitarbeitende, führt unter anderem die Geschäfte des Klimarats und ist die zentrale strategische Steuerungs- und Controlling-Einheit, um die Klimaneutralität Kölns bis zum Jahr 2035 zu erreichen.
Und im Dezember 2021 entschied sich der Rat, die Ergebnisse der Mediation zwischen RheinEnergie, Stadt und dem Aktionsbündnis “Klimawende Köln” anzunehmen. Das Hauptergebnis: Die RheinEnergie dekarbonisiert bis spätestens 2035 die Strom-und Wärmeversorgung. Damit bleibt das Mediationsergebnis einerseits zeitlich hinter dem Bürgerbegehren zurück, das eine Dekarbonisierung bis 2030 gefordert hatte. Andererseits geht es über das Bürgerbegehren hinaus, da dieses nur der Strom-, nicht aber der Wärmeversorgung galt.
Im Dezember 2022 nahm der Stadtrat das 2021 in Auftrag gegebene, dreibändige Gutachten „Klimaneutrales Köln 2035“ an, das einen Handlungsrahmen für die Gesamtstadt skizziert. Erarbeitet wurde es von wissenschaftlichen Berater*innen unter Beteiligung des 15-köpfigen Klimarates und der über 90 Mitglieder seiner Projektgruppen. Demnach ist eine Klimaneutralität bis 2035 möglich. Der Rat erteilte der Verwaltung den Auftrag, aus den in zweiten Gutachtenband vorgeschlagenen Instrumenten konkretisierende Maßnahmenpakete abzuleiten.
Im Dezember 2023 schließlich legte die Verwaltung dem Rat und der Öffentlichkeit das Arbeitsergebnis dieses Autrags vor: den Aktionsplan Klimaschutz Köln.
Was ist der AKK – und was nicht?
In seinem Vorwort zum Aktionsplan nennt der Beigeordnete William Wolfgramm, Leiter des Dezernats VIII, die Fragen, die der AKK beantworten soll: Welchen Beitrag kann die Stadtverwaltung selbst mit ihren Beteiligungsgesellschaften leisten? Welche klimaschutzwirksamen Aktivitäten kann sie umsetzen, fortführen, intensivieren und weiterentwickeln? Der AKK soll den Status quo systematisch aufbereiten, weitere Schritte zu kurz- bis langfristigen Umsetzungserfolgen skizzieren und eine Orientierung zur Gewichtung klimaschutzwirksamer Vorhaben geben.
Er ist aber kein Masterplan, an dem sich Verwaltung und Politik nun bis 2035 einfach entlanghangeln können. Denn er muss und soll kontinuierlich fortgeschrieben und weiterentwickelt werden. Das erforderliche Monitoring wird gerade erst aufgebaut, und die Monitoring-Ergebnisse können, ja: werden voraussichtlich die Notwendigkeit offenlegen, in bestimmten Handlungsfeldern nachzusteuern und nachzuschärfen. Darüber hinaus ändern sich auch die europa-, bundes- und landespolitischen Rahmenbedingungen für das Handeln einer Stadt ständig – Stichwort: Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Nachtragshaushalt und Auswirkungen auf den Klima- und Transformationsfonds.
Darüber hinaus macht der AKK die Grenzen des städtischen Handelns überdeutlich: Um das Ziel einer Klimaneutralität im Jahr 2035 überhaupt ansatzweise erreichen zu können, müssen auch die Bürgerinnen und Bürger und alle Unternehmen in Köln massiv umsteuern und ganze Arbeit leisten. Das macht dieser Teil von Abbildung 7 des AKK deutlich:
Für eine vollständige Klimaneutralität müssen die jährlichen Treibhausgas-Emissionen von derzeit etwa 9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2035 auf Null sinken. Etwa ein Drittel dieser Menge kann die Stadt Köln selbst potenziell beeinflussen – zwei Drittel nicht, da sie etwa auf das Handeln der Bürgerinnen und Bürger oder der Unternehmen auf dem Stadtgebiet, auf den Verkehr auf Bundes- und Landesstraßen usw. keinen Durchgriff hat. Und selbst vom städtischen Einflusspotenzial adressiert der AKK nur gut ein Drittel – insgesamt also nur etwa ein Achtel der gesamten jährlichen Treibhausgas-Emissionen.
Was die Stadtgesellschaft als Ganzes jetzt konsequent tun muss, wird im AKK aber nicht beschrieben, da er – wie geagt – lediglich den Weg der Stadtverwaltung selbst mit ihren Beteiligungsgesellschaften skizziert. Dennoch ist die Lektüre auch für Bürgerinnen und Bürger wichtig, denn sie macht den Ernst der Lage, die Größe der Aufgabe klar, gibt indirekt Hinweise auf unsere eigenen Handlungsoptionen – und ist eine Referenz, an der wir das Handeln der Kölner Politik und Verwaltung in den kommenden Jahren messen können: Klaffen Plan und Wirklichkeit etwa immer weiter auseinander, lässt sich mit Argumenten und Zahlen, die sich auf den AKK stützen, politischer Druck aufbauen.
Aufbau des AKK
Der AKK ist mit seinen 211 Seiten allerdings ein ordentlicher Brocken, der zudem ohne Kenntnis des dreibändigen Fachgutachtens mit seinen über 450 Seiten Seiten stellenweise kaum zu verstehen ist. Zwar soll ein Farbcode die Orientierung erleichtern: Jedem der sechs Unterkapitel zu den Handlungsfeldern ist eine Farbe zugeordnet, dem Kapitel zu Gebäuden und Quartieren etwa Orange. Querverweise an anderen Stellen des AKK sind entsprechen orange markiert. Leider enthalten die bunten Querverweise aber keine Seitenzahlen, und das PDF hat keine Sprungmarken. So bleibt einem nichts anderes übrig, als sehr viel zu scrollen, zu blättern und die Suchfunktion zu bemühen.
Auf zwei kurze einleitende Kapitel, die wir in den nächsten Beiträgen dieser Artikelserie vorstellen, folgt als Hauptteil das dicke Kapitel 3 mit den sechs Unterkapiteln zu den im Gutachten umrissenen Handlungsfeldern:
- 3.1 Gebäude und Quartiere (Handlungsfeld 1, 32 Sn., orange),
- 3.2 Energieversorgung (Handlungsfeld 2, 50 Sn., taubenblau),
- 3.3 Arbeit und Wirtschaft bei Stadt Köln (Handlungsfeld 3, 26 Sn., lila),
- 3.4 Mobilität und Logistik (Handlungsfeld 4, 43 Sn., himmelblau),
- 3.5 Lebensstil und Bildung (Handlungsfeld 5, 20 Sn., senffarben),
- 3.6 kommunale und zivilgesellschaftliche Transformation (Handlungsfeld 6, 20 Sn., rotbraun).
Diese Unterkapitel haben einen einheitlichen Aufbau: Am Anfang stehen jeweils eine Übersichtgrafik mit den Laufzeiten der im Folgenden dargestellten Vorhaben und eine kurze Synpopse als Lesehilfe. Daran schließt sich eine Tabelle mit zentralen Eckdaten wie Zielkennzahlen, Treibhausgas-Minderungs-Potenzialen und Kosten an, die sich über mehrere Seiten erstreckt und als Querformat angelegt ist, was die Handhabung des nicht ausgedruckten PDFs weiter erschwert. Und schließlich kommen die Steckbriefe der einzelnen Vorhaben – immer erst die im direkten Einflussbereich, dann die im indirekten Einflussbereich der Stadt.
Deren Aufbau wiederum sei am Beispiel des Steckbriefs „Entwicklung einer Sanierungsstrategie für Bestandsgebäude“ dargestellt, der drei Seiten umfasst: Auf einen Kasten mit den Kernpunkten folgen die Abschnitte „Da wollen wir hin“, „Das setzen wir bereits um“ (mit Unterabschnitt „Hier ist die Verwaltung der Stadt Köln aktiv“) und „Das brauchen wir“. Es folgen ein Kasten mit der Zielsetzung für 2023/24, ein Ausblick ab 2025 und schließlich der Verweis auf die entsprechenden Stellen im Fachgutachten.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zum AKK oder zu unserer Artikelserie? Schreiben Sie uns gerne einen Kommentar!
(Fortsetzung folgt: Kapitel 1 und 2 des AKK)
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