Der Aktionsplan Klimaschutz Köln (Teil 4): Wirtschaftlichkeit und Wirkungszeitraum

Warming Stripes für Nordrhein-Westfalen bis 2023. Die letzten beiden Jahresstreifen ganz rechts sind dunkel rotbraun.
Quelle: Klimaatlas NRW

Wie im vorigen Teil der Serie angekündigt, stellen wir diesmal ein besonders hilfreiches Diagramm aus dem Einleitungsteil des Aktionsplans Klimaschutz Köln (AKK) vor: Abbildung 4, in der die Handlungsschwerpunkte aus dem Aktivitätenportfolio nach Wirtschaftlichkeit und Wirkungszeitraum angeordnet sind.

Wie andere Stellen in den einführenden Kapiteln des AKK auch, ist diese Abbildung ohne das Fachgutachten “Köln klimaneutral 2035” kaum zu verstehen. Dort folgt sie auf eine Kosten-Nutzen-Analyse, in der abgeschätzt wird, wie groß einerseits die Investitionen und sonstigen Ausgaben zur Erreichung der Klimagas-Einsparziele in den Handlungsfeldern sind und wie groß andererseits die vermiedenen Kosten oder zusätzlichen Einkommen und Gewinne, die mit den Maßnahmen einhergehen. Dabei zeigte sich, dass alle Handlungsfelder mit Ausnahme der Wärmeerzeugung eine positive Bilanz haben, also letztlich mehr einbringen als kosten.

Das ist erfreulich, aber es gibt mindestens zwei Pferdefüße:

Zum einen kommen die Ausgabe-Einsparungen oder zusätzlichen Gewinne durch  Klimaschutzmaßnahmen oftmals nicht jenen Konten zugute, aus denen die Investitionen und sonstigen Ausgaben zu ihrer Realisierung abfließen – ein altbekanntes Problem, sicherlich auch für die Stadt Köln, die zum Erreichen ihres ehrgeizigen Ziels der vollständigen Klimaneutralität bis 2035 gigantische Beträge auftreiben muss.

Zum anderen helfen die reinen Euro-Beträge, die in den Handlungsfeldern pro vermiedener Tonne CO2-Äquivalent eingespart oder zusätzlich erwirtschaftet werden können, nicht bei der Priorisierung der Aktivitäten. In eine Priorisierung müssen zusätzlich die Größe der Emissionen im jeweiligen Feld und die Zeitspanne einfließen, nach der die Maßnahmen ihre volle klimastabilisierende Wirkung entfalten.

Das leistet Abbildung 4 auf vergleichsweise anschauliche Weise: Der Wirkungszeitraum ist auf der Abszisse (waagerecht) und die Wirtschaftlichkeit auf der Ordinate (senkrecht) aufgetragen, und die Größe der Kreise steht für die Klimagas-Einsparungen in den 11 dargestellten Handlungsschwerpunkten. Zwei Dinge sind zu beachten:

  • Die gestrichelten Linien teilen das Diagramm in vier Quadranten; auf der Ordinate geht die Linie aber nicht etwa durch den Punkt der Kostenneutralität (0 €/t), sondern liegt bereits im Bereich der Wirtschaftlichkeit, bei einer Kostenverringerung oder Gewinnerhöhung von etwa 200 €/t.
  • Die Farben im Diagramm sind aus dem Fachgutachten übernommen und stimmen nicht mit den Farben der Handlungsfelder im AKK überein. Zur leichteren Zuordnung haben wir hier in Rot die jeweiligen Handlungsfelder (HF1 bis HF5) ergänzt:
Diagramm mit 4 Quadranten

Abb. 4 des AKK: Die Handlungsschwerpunkte eingeordnet nach Wirtschaftlichkeit und Wirkungszeitraum im Aktivitätenportfolio. Die Kreisgröße entspricht der Einsparung in Tonnen CO2 (Quelle: Gutachten „Köln klimaneutral 2035“)

Handlungsfeld 6 (“Kommunale und zivilgesellschaftliche Transformation zur Klimaneutralität erreichen”) geht nicht direkt mit quantifizierbaren Klimagaseinsparungen einher und ist daher in der Abbildung nicht mit aufgeführt.

Der wohl wichtigste Satz aus dem Kontext dieses Diagramms: “Die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens können nur mit der Hebung der Potenziale aller Handlungsschwerpunkte erreicht werden.” Es geht also nicht darum, manches zu tun und anderes zu lassen. Die Frage ist lediglich, womit die Stadt Köln am besten anfängt, um möglichst rasch sichtbare Erfolge vorweisen, ihrer Vorbildrolle gerecht werden und eine unumkehrbare Dynamik der gesamtstädtischen Transformation in Ganz setzen zu können. Die Handlungsschwerpunkte im rechten Bereich des Diagramms können dabei nicht auf die lange Bank geschoben werden; vielmehr müssen sie laut AKK ebenfalls schon jetzt vorbereitend bearbeitet werden.

Im Gutachten wird das geplante Vorgehen in den vier Quadranten skizziert:

Viel Abbildungen, in denen je ein Viertel des vorigen Diagramms hervorgehoben ist. Oben links: Aktivieren. Oben rechts: Fördern. Unten links: Umsezen. Unten rechts: Ermöglichen.

Abb. 70 aus dem Fachgutachten: Aktivieren – Fördern – Umsetzen – Ermöglichen

Jedem Quadrant entspricht den Fachgutachter*innen zufolge eine “strategische Stoßrichtung”:

  • Maßnahmen im Quadranten “Aktivieren” sind schnell umsetzbar, leisten recht überschaubare Beiträge zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, können aber Signal- oder Vorbildwirkung entfalten. Zu ihrer raschen Realisierung ist eine Anschubfinanzierung nötig. Die Handlungsschwerpunkte haben eine hohe operative Umsetzungspriorität.
  • Die Maßnahmen im Quadranten “Umsetzen” sind sehr wirtschaftlich und können voraussichtlich schnell umgesetzt werden. Sie haben daher ebenfalls eine hohe Umsetzungspriorität – und bringen in der Summe schon deutlich mehr in Sachen Klimagas-Reduktion.
  • Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen im Quadranten “Ermöglichen” bringen noch einmal deutlich höhere Klimagas-Reduktionen und sind zugleich wirtschaftlich vorteilhaft. Bevor sie umgesetzt werden und ihre volle Wirkung entfalten können, müssen aber Rahmenbedingungen angepasst werden, etwa Gesetze und Verordnungen. Hier ist die Stadt Köln beispielsweise auf Bund und Länder angewiesen.
  • Im Quadranten “Fördern” fällt vor allem der große Kreis zur erneuerbar erzeugten Wärme auf: Hier sind die Investitionskosten enorm und die Rahmenbedingungen derzeit noch nicht günstig. Zugleich ist das Klimagas-Einsparpotenzial riesig. Daher sprechen die Gutacher*innen hier von einer hohen strategischen Umsetzungspriorität. Sie betonen, dass Fördermittel akquiriert und Prozesse beschleunigt werden müssen.

Insgesamt fällt auf, dass die meisten der großen Kreise in der rechten Hälfte des Diagramms liegen, die entsprechenden Handlungsfelder also viel Vorlauf brauchen – was gegen eine Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels spricht. Es könnte aber für eine gegenüber dem vorindustriellen Niveaus um 1,75 °C erhöhte globale Temperatur reichen, wenn alle anderen Kommunen, Länder, Nationen, Unternehmen und Bürger*innen vergleichbare Anstrengungen unternehmen.

Und: In einigen dieser bedeutenden Handlungsschwerpunkte hat die Stadt nur einen begrenzten, indirekten Einfluss auf das Ergebnis. Am Beispiel des Handlungsfelds 3, “Arbeiten und Wirtschaften erfolgen klimaneutral”, wird das besonders deutlich:

Zweigeteilt: Handlungsfeld 3 im Diagramm

Die Maßnahmen im Handlungsschwerpunkt “Arbeiten im Konzern Stadt Köln” (kleiner, rot umrahmter Kreis unten links) können umgehend in Angriff genommen werden, reduzieren die Klimagas-Emissionen in der Stadt aber nur wenig.

Deutlich größer ist der Kreis “Klimaschutz in gewerblich geprägten Gebieten” (blassrot umrahmt, unten rechts), der zu demselben Handlungsfeld zählt. Hier kann die Stadt bzw. ihre Köln-Business Wirtschaftsförderungs-GmbH aber laut AKK im Grunde nur Förderprogramme auflegen – und dann hoffen, dass dies reicht, um die Unternehmen im Stadtgebiet zur entschlossenen Reduktion ihrer Klimagas-Emissionen anzuhalten. Dazu mehr im nächsten Teil dieser Serie.

Links

Warmings Stripes bis einschl. 2023 aus dem Klimaatlas NRW

Fachgutachten Köln klimaneutral 2035

Aktionsplan Klimaschutz Köln

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